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Leutesheim in den letzten 100 Jahren
 
∙ Trachten

Ein Auszug aus dem Buch "Leutesheim - ein Dorf im Hanauerland und seine Kirche"

von H. Schäfer, U. Schüz u. a., 1990

Trachten gehörten seit den alten Zeiten zum dörflichen Leben dazu. Man trug sie besonders an Sonn- und Feiertagen beim Kirchgang. Die Männerfesttracht ist in Leutesheim schon lange vor der Jahrhundertwende verschwunden, die Frauentracht dagegen sah man bei uns noch vereinzelt bis in die 50er Jahre.

Zum Tag ihrer Konfirmation wurden die Mädchen von ihren Eltern erstmals mit der Tracht eingekleidet. Nicht immer war sie neu, oft war sie auch geliehen, von einer Schwester oder von Verwandten einer früheren Generation. Im Dorf gab es Frauen, welche mit viel Geschick und Sorgfalt die Tracht veränderten und der jeweiligen Figur eines Mädchens anpassten. Der Stolz eines jeden Mädchens war jedoch das neue Halstuch mit Fransen. Es wurde lose über beide Schultern gelegt und im Rücken beim Schurzband verknotet. Bei Beerdigungen trug man das schwarze Kleid. Damit der Saum beim Tragen und Gehen nicht verstoßen wurde, schloss ihn eine Borde ab. Man nannte diese Borde „Bäselitze“.

Adlerwirts Hochzeit, 1912

Der „Kappenschlupf“ (Flügelhaube) wurde zusammen mit Kleid und Schürze am Tag der Konfirmation von den Mädchen erstmals getragen. Das Zeichen der Jugend war ein mit weißen Glasperlen besticktes Häubchen, auch Kappenboden genannt. Wurde eine Frau zur Witwe, ersetzte sie das Häubchen durch ein schwarzes. Die Frauen trugen in der üblichen zweijährigen Trauerzeit nur schwarze bzw. dunkle Kleidung, auch bei der Arbeit im Haus, Hof und Feld.

Nach einem Trauerjahr man sagte „s’ esch im Leid“, war schon mal ein helles Kopftuch erlaubt. Für Vettern und Basen, auch für entfernte Verwandte der Familie, „trugen die Frauen Leid“. Ich erinnere mich nicht, meine Mutter und Großmutter in bunter Kleidung erlebt zu haben.

Auch als im Krieg die vielen Todesnachrichten in die Familien kamen, galt diese überlieferte Ordnung.

Auf dem Weg zur Kirche (1946)

Zum Tragen des „Kappenschlupfes“ wurden die Haare der Mädchen zu zwei Zöpfen im Nacken zusammengeflochten und mit „Haarschnüren“, d. h. schwarzen Kordeln, verstärkt. Das Ende eines jeden Zopfes zierte ein schmales schwarzes Taftband, das „Flatterband“. Bei Wind und Kälte wurde ein schwarzer Seidenschal mit Fransen oder auch ein langer Wollschal über den Kappenboden gelegt und zur Schlaufe unter dem Kinn gebunden.

Wohlstand oder Armut der jeweiligen Familie konnte man an der Familie erkennen.

Bei der Feldarbeit trugen die Männer blaugestreifte Bundblusen, weiße Leinenhemden und Hosen aus naturfarbenem oder selbstgefärbtem Drell. Die Frauen trugen aus bedrucktem Leinen „Bundkutte“, „Brustkutte“ mit angenähtem Oberteil oder die Kutte mit „Peter“, dieses war ein tailliertes, langärmeliges Jäckchen. Die Stoffe wurden vom eigenen Spinnhanf selbst hergestellt. Das Weiße Leinenhemd aus selbstgesponnenem Leinen war im Sommer bei großer Hitze angenehm zu tragen. Die selbstgemachte „Schindelkapp“ aus weißem Baumwollstoff und Schindeln schützte Kopf und Gesicht bei heißer Sonnenglut. Auch Strohhüte wurden getragen.

Immer war das „Firdi“, die Schürze, der Abschluss des Ankleidens, so wohl bei der Arbeitskleidung, als auch bei der Sonntagstracht, dem „Sonntistaad“.



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Aktives Dorf Leutesheim, Juni 2009