Leutesheim in den
letzten 100 Jahren
∙ Die Schule
Ein Auszug aus dem
Buch "Leutesheim - ein Dorf im Hanauerland und seine Kirche"
von H. Schäfer, U.
Schüz u. a., 1990
Es
ist wenig bekannt über die Anfänge der Schule in Leutesheim.
Karl Sänger berichtet von einem Schulraum “ins Klemense“, also
im “Veddereck“ (Vordereck). Es wäre denkbar, dass die beiden
Häuser in der Kronenstraße, die etwa 1855 im Eigentum von Regine
Jolberg standen, als Schule verwendet wurden.
Sicher dagegen ist der Schulraum “ins Kuders“, in Ortsmitte.
Dieser Raum wurde später vom Ratsschreiber genutzt, als man um
1860 erstmals ein eigenes Schulhaus plante und um 1863 am Platz
bei Rathaus und Kirche auch errichtete Dieser stattliche und
repräsentative Bau an der heutigen Bodersweier Straße enthielt
unten zwei Klassenräume und oben Lehrerwohnungen. Lange Zeit
bewohnte eine von ihnen Lehrer Georg Hopp, der auch – zumindest
während des Ersten Weltkrieges, wahrscheinlich viel länger –
Posthalter war und mit Pfarrer Bauer zusammen die Zuteilungen an
Lebensmitteln, Brennstoff u. a. für die Bewohner des Ortes
organisierte.
Altes Schulhaus (um 1890)
Altes Schulhaus und altes
Rathaus in den 30er Jahren
„Neues“
Schulhaus im „Schingergässel“ (heute Akazienstraße)
Nach der Jahrhundertwende zeichnete sich weiterer Raumbedarf ab,
die Klassen wurden zum Teil jahrgangsweise unterrichtet und
überall errichteten die Gemeinden neue, großzügige Schulgebäude
im Stil der Zeit. Die Schule wurde zu klein, das Gebäude sollte
aber weiterhin diesem Zweck dienen. So wurde 1912 der erste
Bauteil der neuen Schule im „Schingergässel“ (Schindergasse,
später Waldstraße, heute Akazienstraße) seiner Bestimmung
übergeben. Die Anlage war auf Zuwachs geplant, bei Bedarf sollte
ein gleicher Bauteil östlich angefügt werden. Vorerst jedoch
genügten die beiden Häuser mit dem Pausenhof zwischen ihnen. Die
Notzeit nach dem Ersten Weltkrieg unterbrach die weitere Planung
ohnehin.
Die Entwicklung bewegte sich in anderer Richtung. Nach dem
Zweiten Weltkrieg stieg die Zahl der Geburten stark an, die
Jahrgänge erreichten bis zu 36 Kinder. Längst waren auch die
Jahrgangsklassen eingeführt. Die neuere Pädagogik legte Wert auf
großzügige Platz- und Raumausstattung und forderte Spezialräume.
Die alten Gebäude konnten den Wunsch nach Luft und Licht nicht
erfüllen. so kam man davon ab, die bestehenden Schulhäuser zu
verändern. Die an sich reizvolle Lage im Ortszentrum hätte mit
beengten Platzverhältnissen bezahlt werden müssen, die ohnehin
notwendige Mehrzweckhalle hätte nicht mit dem Schulkomplex
kombiniert werden können.
Auch bezüglich des Rathauses gab es berechtigte
Änderungswünsche. Das kleine, einfache gebaute Haus befand sich
in schlechtem Bauzustand. Die Kriegsschäden waren notdürftig
behoben, eine Generalinstandsetzung mit Einbau der Wasserleitung
war angezeigt. Damit hätte eine Erweiterung verbunden werden
können, diese war aber an dieser Stelle nicht möglich. Das Haus
ragte ohnehin weit in die Straße hinein und erwies sich für den
wachsenden Autoverkehr als Hindernis, von der Kleinbahn, die
ebenfalls diese Engstelle benützte, ganz zu schweigen. So fand
der Gedanke, das Rathaus aufzugeben und das Schulhaus von 1863
als Rathaus zu nutzen, immer mehr Raum.
Diese Lösung bedingte aber eine völlig neue Schule. So
konzentrierten sich die Überlegungen auf eine neue, großzügige
Anlag, die Schule, Halle und Sportanlagen einschließen sollte.
Zwei Plätze standen in enger Wahl: Einmal am Weg “Im Hinterhof“,
dieser Platz lag zwar zentrumsnah, aber die Zufahrten waren
besonders ungünstig und die Halle hätte getrennt errichtet
werden müssen (sie sollte am Ortsrand zum Altenbruch gebaut
werden). Der andere Platz befand sich im Langensand. Die dort
mögliche großzügige Gestaltung musste mit der Ortsrandlage
bezahlt werden. So ist der Schulweg für die Kinder, die “über
den Schienen“ wohnen, teilweise recht weit.
Altes Rathaus mit Brückenwaage
(1910)
In der alten Schule (1947)
Der Gemeinderat unter Bürgermeister
Heidt entschied sich für die großzügige, ausbaufähige Lösung am
Langensand. 1965/66 wurde die Schule, durch einen überdachten
Gang mit der Halle verbunden, ihrer Bestimmung übergeben. Mit
den Sportplätzen, dem Festplatz, einem Kinderspielplatz und
großzügig bemessenen Grünflächen ist diese Anlage in jeder
Beziehung gut gelungen und auf lange Sicht ausreichend. Der
Schulhof liegt südlich des Schulgebäudes, abseits der Zufahrten
für Bus und Autos. Das Schulgebäude bietet mit acht
Klassenräumen ausreichend Platz für die vier Leutesheimer und
zwei Bodersweierer Grundschulklassen, die hier unterrichtet
werden. Der Schulverband Auenheim/Bodersweier/ Leutesheim hat
hier gute Voraussetzungen für eine gediegene Arbeit.
Neue Schule beim Sportzentrum
(1966)
Der Umzug der Schule in den neuen
Komplex setzte die beiden Schulgebäude in der Ortsmitte frei.
Während das Schulhaus in der Waldstraße (Akazienstraße) verkauft
wurde und in der Folgezeit einige Jahre Pfarrhaus war, zog nun
das Bürgermeisteramt in das alte Schulhaus um. Zuvor wurden dort
einige Veränderungen vorgenommen. Die Krüppelwalme auf beiden
Seiten wichen einem großen, durchgehenden Dach von Giebel zu
Giebel und der über die Dachkante aufsteigende Mittelbau wurde
bis zu Dachkante zurückgenommen. so präsentiert sich heute
dieser Bau, der mit seinen guten Proportionen auch
kunstgeschichtlich von eigenem Interesse ist, als ein Element,
welches das Ortsbild neben der Kirche prägt.
Nun trennte man sich von dem alten Rathaus. Der schlichte
Fachwerkbau, dessen leichtes Fachwerk wohl ursprünglich unter
Putz liegen sollte, war etwa um 1820 errichtet worden. Zusammen
mit der Kirche und er „Sonne“ stellte das Gebäude ein reizvolles
architektonisches Ensemble dar. Vor allem die
verkehrsbehindernde Lage war schließlich ausschlaggebend. 1968
wurde es abgerissen. Die heutige Platzgestaltung und
Straßenführung in der Ortsmitte, “Am Bahnhies’l“, lässt der
Vorstellung an das alte Rathaus kaum mehr Raum. Auf vielen
Fotos, Zeichnungen, Ölbildern und in unserer Erinnerung ist es
aber noch gegenwärtig.
Ortsmitte in Leutesheim. Nach einem
Bild von Kunstmaler Gutekunst
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