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Leutesheim in den letzten 100 Jahren
 
∙ Hochwassernot

Ein Auszug aus dem Buch "Leutesheim - ein Dorf im Hanauerland und seine Kirche"

von H. Schäfer, U. Schüz u. a., 1990

Nach den großen Hochwasserkatastrophen bis ins 19. Jahrhundert hinein, war unser Dorf auch nach der Rheinkorrektion durch Tulla nicht vor Gefahr geschützt. Besonders gefährlich waren für Leutesheim die Kinzighochwasser, die übers Vordereck ins Dorf einbrachen.

Am 13. Juni 1875 brach der neue Rheindamm auf 100 m Länge („abgebrochene Werb“).

Am Heiligen Abend 1918 brach die Kinzig aus und drang in unser Dorf ein. Findige Leute brachten das Kleinvieh im „Mistlachkasten“ in Sicherheit.

Faschinenbau am Rhein

Wiederum am Heiligen Abend des Jahres 1919 überschwemmte ein Hochwasser in Leutesheim. Es wird berichtet, dass im Obereck eine Ziege zum Bühnenladen hinausschaute. Im „Schingergässel“ soll das Wasser einen halben Meter hoch gestanden sein, und in einem anderen Haus soll das Wasser zum Herdloch hineingelaufen sein. Heinrich Zimpfer ist aufgewacht, weil die Stühle in der Stube herum schwammen.

Notbrücke beim Wörthhamm


Überschwemmtes Rheinvorland hinterm Löwen (um 1960)

Ein schlimmes Hochwasser gab es im November 1944, in den Tagen der Fronnähe. Deutsche Truppen, die sich noch im Elsass befanden, mussten während dieses Hochwassers über den Rhein geborgen werden. Heute noch erzählen die älteren Dorfbewohner von den Schreiben der Soldaten, die sich schwimmend zu retten versuchten. Die Strömung muss extrem gewesen sein – in der Dunkelheit gab es keine Orientierung. Die Zahl der im kalten Wasser ertrunkenen Soldaten ist nicht bekannt. Auch die Bunker, damals besetzt, bekamen das Wasser zu spüren.

Hochwasser beim Kieswerk Prestel (um 1960)

Lange Zeit, Jahrzehnte lang, lebte das Dorf mit den Hochwasserzeiten. Man rechnete im Frühjahr und im Herbst mit je einem Hochwasser, sehr oft konnte man die Kartoffeln nur noch knapp retten, oft waren sie verdorben, die Äcker verschlammt. Die Verlegung der Kinzig in Kehl entschärfte das Problem nicht entscheidend. In nassen Jahren gab es viel Wasser ums Dorf, so kannte man den „Gottesacker-Graben“ - der führte von der Rheinstraße (Nähe der neuen Schule) um das Neudorf herum – bis zum Friedhof und zum Gießelbach bei der Honauer Straße. es lebten Fische in dem Bach, die Jugendlichen versuchten sie zu fangen, und die Leute holten das Gießwasser für den Friedhof aus dem Graben. Heute ist der Verlauf des Grabens nicht mehr erkennbar und in der Honauer Straße überbaut.

Hier seien auch die sehr kalten Winter erwähnt, die den Gießelbach bis zum Grund durchfrieren ließen. Der Winter 1929 gehörte zu den härtesten seit Menschen gedenken. Damals gab es „hinters Pfarrers Bruck“ einen gefährlichen Eisstau, als an Fastnacht Tauwetter einsetzte.

Auch an Weihnachten 1946 überraschte uns wieder ein großes Hochwasser. Der Kinzigdamm bei Bühl war gebrochen und das Wasser kam von Bodersweier her ins Dorf

Das letzte große Hochwasser war 1977, das jedoch keinen Schaden mehr anrichtete. Nach den Überflutungen wurden die Gewässer von Geröll und Unrat gesäubert, damit sich die Fischbrut wieder gesund entwickeln konnte.

Säuberung der „Nachen“ im Wörthhamm 1947.


Hochwasser in den 60er Jahren.


Überschwemmung am Sportplatzgelände (60er).



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Aktives Dorf Leutesheim, Juni 2009